Stille Wasser sind tief [Thema Introversion]
Verfasst: 30. Juli 2019, 21:23
Das ist ein Thema, das mir am Herzen liegt, weil ich lange nach einem Weg gesucht habe, mehr mit mir im Reinen zu sein. Ich hatte nämlich (vor allem als Teenager) oft das Gefühl, von einem anderen Planeten zu stammen und mich unter hohem Energieeinsatz anpassen zu müssen. Und ich kann mir vorstellen, dass es dem ein oder anderen von Euch ähnlich ging.
Es war ermüdend, mich immer wieder rechtfertigen zu müssen, warum ich mich zierte, zu dieser Party zu gehen, auf der ich so gut wie keinen kannte. Oder warum ich früher aus der Kneipe wegwollte, in der es so laut war, dass man sich nur brüllend unterhalten konnte. Oder warum die Mitarbeitsnote auf meinen Zeugnissen immer zu wünschen übrig ließ, obwohl meine sonstigen Leistungen überdurchschnittlich waren. Oder auch warum ich lieber 20 Minuten im Supermarkt herumirrte, als einfach einen Mitarbeiter zu fragen, wo denn bitteschön der Senf zu finden ist.
Der Tenor meiner frühen tagebuchlichen Eintragungen war denn auch: was läuft hier falsch? Wieso fühle ich mich so zerrissen und unzufrieden?
Mit zunehmendem Alter verlor der Gruppenzwang dann zwar an Bedeutung, was das Leben leichter machte. Außerdem war ich immer gut darin, mich einzufügen. Aber es kostete mich eine Menge Kraft, von daher war es weiterhin offensichtlich, dass irgendetwas nicht rund lief.
Aber was? Und warum?
Einigen von Euch ist der Grund sicher längst klar, aber bei mir dauerte es noch ein paar weitere Jahre, bis ich begriff, warum ich so anders ticke als die Mehrzahl der Menschen.
Warum ich zum Beispiel keinen Smalltalk mag, sondern lieber tiefgründige Gespräche führe (und das bei über 80 Dezibel nun mal schlecht geht).
Und warum ich mich in der Schule nur dann gemeldet habe, wenn ich ganz sicher war, dass ich wirklich etwas beizutragen hatte (was oft hieß, dass ich sicher sein wollte, dass die Antwort stimmte).
Und dass es sogar für mein Unwohlsein, das ich empfinde, wenn ich mit fremden Menschen interagieren muss, eine wissenschaftliche Erklärung gibt: ich bin introvertiert.
Es wäre zwar schön gewesen, wenn mir dieses Licht früher aufgegangen wäre. Aber wie sich im Laufe dieses Threads noch zeigen wird, kommt auch das nicht von ungefähr.
Introvertiert vs. extravertiert
Viele Leute glauben, die Begriffe Introversion und Extraversion beschreiben, wie man sich im sozialen Umfeld bewegt. Tatsächlich geht es aber in erster Linie darum, woher man seine Energie bezieht. Und daraus ergibt sich dann zwangsläufig, auf welche Art und Weise man mit anderen Menschen - und vor allem größeren Gruppen von ihnen - interagiert.

Ich will hier keine Stereotypen heraufbeschwören. Natürlich gehen Introvertierte auch gern mal aus. Und natürlich verbringen extravertierte Menschen auch gern mal einen Abend auf dem Sofa. Wir alle sind Individuen, und bei jedem ist die Intro-/Extraversion unterschiedlich ausgeprägt. Aber es gibt ein Grundprinzip: Extravertierte tanken auf, indem sie rausgehen und etwas mit anderen Menschen unternehmen. Sie brauchen Reize von außen, um sich wohl zu fühlen und ihre Batterien aufzuladen. Allein zu Hause zu sein ist für die meisten langweilig.
Bei Introvertierten ist es genau umgekehrt: viele und starke Reize (z.B. laute Musik, viele Menschen, ständig wechselndes Licht, usw.) laugen sie aus. Ich für meinen Teil kann förmlich spüren, wie die Energie aus mir herauströpfelt, wenn ich irgendwo bin, wo ich eigentlich nicht sein möchte, und wo mir alles zu viel ist. Manchmal leert sich mein Akku innerhalb von Minuten, je nachdem, wie der Ladestand vorher war. Der Gedanke an einen ruhigen Abend in meiner Wohnung ist für mich der Himmel auf Erden, denn ich hole mir meine Energie von innen. Und das geht nur mit Zeit. Und mit Ruhe.
Soviel zum grundlegenden Unterschied. Aber das Thema hat natürlich noch viel mehr zu bieten.
Und bevor es mit dem nächsten Post weitergeht, kurz ein paar Worte zur Schreibweise der beiden Begriffe: Sie stammen aus dem Lateinischen und sind eine Kombination aus vertere = kehren/wenden/drehen und den Vorsilben intro = hinein/nach innen/innerlich bzw. extra = außen/ außerhalb. Daraus ergeben sich Introversion und Extraversion. Die orthographische Variante Extroversion ist eine simple Angleichung an Introversion, um auf die enge Verbindung der beiden Begriffe hinzuweisen.
Es war ermüdend, mich immer wieder rechtfertigen zu müssen, warum ich mich zierte, zu dieser Party zu gehen, auf der ich so gut wie keinen kannte. Oder warum ich früher aus der Kneipe wegwollte, in der es so laut war, dass man sich nur brüllend unterhalten konnte. Oder warum die Mitarbeitsnote auf meinen Zeugnissen immer zu wünschen übrig ließ, obwohl meine sonstigen Leistungen überdurchschnittlich waren. Oder auch warum ich lieber 20 Minuten im Supermarkt herumirrte, als einfach einen Mitarbeiter zu fragen, wo denn bitteschön der Senf zu finden ist.
Der Tenor meiner frühen tagebuchlichen Eintragungen war denn auch: was läuft hier falsch? Wieso fühle ich mich so zerrissen und unzufrieden?
Mit zunehmendem Alter verlor der Gruppenzwang dann zwar an Bedeutung, was das Leben leichter machte. Außerdem war ich immer gut darin, mich einzufügen. Aber es kostete mich eine Menge Kraft, von daher war es weiterhin offensichtlich, dass irgendetwas nicht rund lief.
Aber was? Und warum?
Einigen von Euch ist der Grund sicher längst klar, aber bei mir dauerte es noch ein paar weitere Jahre, bis ich begriff, warum ich so anders ticke als die Mehrzahl der Menschen.
Warum ich zum Beispiel keinen Smalltalk mag, sondern lieber tiefgründige Gespräche führe (und das bei über 80 Dezibel nun mal schlecht geht).
Und warum ich mich in der Schule nur dann gemeldet habe, wenn ich ganz sicher war, dass ich wirklich etwas beizutragen hatte (was oft hieß, dass ich sicher sein wollte, dass die Antwort stimmte).
Und dass es sogar für mein Unwohlsein, das ich empfinde, wenn ich mit fremden Menschen interagieren muss, eine wissenschaftliche Erklärung gibt: ich bin introvertiert.
Es wäre zwar schön gewesen, wenn mir dieses Licht früher aufgegangen wäre. Aber wie sich im Laufe dieses Threads noch zeigen wird, kommt auch das nicht von ungefähr.
Introvertiert vs. extravertiert
Viele Leute glauben, die Begriffe Introversion und Extraversion beschreiben, wie man sich im sozialen Umfeld bewegt. Tatsächlich geht es aber in erster Linie darum, woher man seine Energie bezieht. Und daraus ergibt sich dann zwangsläufig, auf welche Art und Weise man mit anderen Menschen - und vor allem größeren Gruppen von ihnen - interagiert.

Ich will hier keine Stereotypen heraufbeschwören. Natürlich gehen Introvertierte auch gern mal aus. Und natürlich verbringen extravertierte Menschen auch gern mal einen Abend auf dem Sofa. Wir alle sind Individuen, und bei jedem ist die Intro-/Extraversion unterschiedlich ausgeprägt. Aber es gibt ein Grundprinzip: Extravertierte tanken auf, indem sie rausgehen und etwas mit anderen Menschen unternehmen. Sie brauchen Reize von außen, um sich wohl zu fühlen und ihre Batterien aufzuladen. Allein zu Hause zu sein ist für die meisten langweilig.
Bei Introvertierten ist es genau umgekehrt: viele und starke Reize (z.B. laute Musik, viele Menschen, ständig wechselndes Licht, usw.) laugen sie aus. Ich für meinen Teil kann förmlich spüren, wie die Energie aus mir herauströpfelt, wenn ich irgendwo bin, wo ich eigentlich nicht sein möchte, und wo mir alles zu viel ist. Manchmal leert sich mein Akku innerhalb von Minuten, je nachdem, wie der Ladestand vorher war. Der Gedanke an einen ruhigen Abend in meiner Wohnung ist für mich der Himmel auf Erden, denn ich hole mir meine Energie von innen. Und das geht nur mit Zeit. Und mit Ruhe.
Soviel zum grundlegenden Unterschied. Aber das Thema hat natürlich noch viel mehr zu bieten.
Und bevor es mit dem nächsten Post weitergeht, kurz ein paar Worte zur Schreibweise der beiden Begriffe: Sie stammen aus dem Lateinischen und sind eine Kombination aus vertere = kehren/wenden/drehen und den Vorsilben intro = hinein/nach innen/innerlich bzw. extra = außen/ außerhalb. Daraus ergeben sich Introversion und Extraversion. Die orthographische Variante Extroversion ist eine simple Angleichung an Introversion, um auf die enge Verbindung der beiden Begriffe hinzuweisen.